Die Maxime im Immobilienbereich ‚Lage, Lage, Lage‘ betont die herausragende Bedeutung des Standortes eines Grundstücks oder einer Immobilie für deren Wert und Potenzial. Eine erstklassige Lage kann den Unterschied zwischen einer lukrativen Investition und einer weniger attraktiven Immobilie ausmachen. Sie spielt eine zentrale Rolle bei der langfristigen Wertentwicklung und der Attraktivität für potenzielle Käufer oder Mieter. Zu dieser Maxime ist nun ein weiterer Parameter hinzugekommen: die Energieeffizienz eines Gebäudes.

Während die Zinsen steigen und Klimaschutzbestimmungen den Immobilienkauf erschweren, sinken die Preise – am ausgeprägtesten bei unsanierten Gebäuden mit niedriger Energieklasse.

Die potenziellen Käufer und Käuferinnen werden derzeit durch zwei Gesetzesinitiativen vom Immobilienmarkt abgeschreckt. Einerseits das Heizungsgesetz, das ab dem kommenden Jahr den Umstieg auf Heizungen mit geringen Emissionen in Deutschland fördern soll. Andererseits das neue EU-Gesetz zur Gebäudeenergie, das die energetische Sanierung von Gebäuden vorantreiben soll. Das Ziel beider Gesetze ist, bis 2045 bzw. 2050 einen emissionsfreien Gebäudesektor in Europa zu erreichen.

Im Hinblick auf die anstehenden rechtlichen Veränderungen zeigen sich sowohl Immobilieneigentümer als auch Kaufinteressierte verunsichert. Dies spiegelt sich im Immobilienmarkt wider, wo die Kaufpreise seit Wochen fallen. Besonders betroffen sind Gebäude, die nicht saniert sind und eine niedrige Energieklasse aufweisen. Eine aktuelle Studie des Immobilienportals Immoscout24 zeigt das ganze Ausmaß des Wertverlusts.

Während die Häuser der höchsten Energieklassen A und B ihre Preise stabil halten konnten, sind bei den niedrigeren Klassen signifikante Preisabschläge zu verzeichnend. Eine detaillierte Auswertung von Immoscout24 zeigt die Preisabschläge in den verschiedenen Kategorien im Vergleich zur höchsten Klasse, der Energieklasse A:

 

Effizienzklasse

Metropolen

Umland

Großstädte

Kleinere Städte

Ländlicher Raum

B

-5%

-10%

-9%

-19%

-16%

C

-19%

-20%

-23%

-30%

-25%

D

-28%

-24%

-29%

-34%

-31%

E

-30%

-27%

-31%

-37%

-36%

F

-33%

-30%

-32%

-39%

-41%

G

-34%

-33%

-36%

-41%

-47%

H

-35%

-36%

-33%

-45%

-51%

Die Untersuchung umfasst Wohnungen und Einfamilienhäuser, die älter als zwei Jahre sind. Berücksichtigt wurden nur Angebote mit mindestens 70 Quadratmetern Wohnfläche und mit Angaben zum Baujahr und Energiekennwert.

Erstaunlich ist, dass selbst in großen Metropolen und deren verdichtetem Umland die Preise deutlich fallen.

In einer weiteren Umfrage von Immoscout24 wurden Kaufinteressierte gebeten, Gründe zu nennen, die sie vom Kauf einer Immobilie abhalten. Die Umfrage wurde Ende April 2023 mit rund 2000 Personen durchgeführt. Die Befragten antworteten wie folgt:

  • Mangel an Eigenkapital (37%)
  • Hohe Immobilienpreise (35%)
  • Hohe zukünftige Investitionen aufgrund von Klimaschutzauflagen (23%)
  • Zu hohe monatliche Finanzierungsraten (21%)
  • Zu viel Verantwortung/Aufwand (15%)
  • Wunsch nach mehr Flexibilität (12%)
  • Kein geeignetes Objekt gefunden (10%)

Im Frühjahr wurde eine neue EU-Gebäuderichtlinie vom EU-Parlament verabschiedet. Sie verfolgt das Ziel, dass bis 2050 alle Wohngebäude in der EU emissionsfrei sind.

In der heutigen Ära des Klimawandels und steigender regulatorischer Anforderungen für Emissionsreduktionen rückt die Energieeffizienz einer Immobilie in den Vordergrund ihrer Attraktivität und ihres Wertes. Die Notwendigkeit von Sanierungen und energetischen Verbesserungen kann nicht mehr ignoriert werden, wenn es darum geht, den Immobilienwert zu erhalten oder sogar zu steigern. Gleichzeitig erhöht die Messung und Zertifizierung der Energieeffizienz ihren Stellenwert im Immobilienbereich. Die altbekannte Immobilienweisheit ‚Lage, Lage, Lage‘ wird nun durch den kritischen Faktor ‚Energieeffizienz‘ erweitert. Beide Parameter müssen nun in Einklang gebracht werden, um den zukünftigen Wert und das Potenzial einer Immobilie voll auszuschöpfen.